Nostalgia – die Schweizer Krankheit

Am Samstag, 28. Juni nehmen wir Abschied von den Gästen, die sich ein Vierteljahr lang bei uns aufgehalten haben.

Um 12:30 befassen wir uns mit Gefühlen, die aufkommen, wenn wir fern der Heimat sind. Man nennt es Melancholie, Weltschmerz oder Wehmut. Die Portugiesen nennen es Saudade und meinen damit einen traurigen Zustand intensiver Sehnsucht nach jemandem oder etwas, das abwesend ist. In den Bildern seiner Ausstellung hat Ikuru Kuwajima Sehnsuchtsorte gezeigt. Gezeigt wurden Bilder von Orten an der Ostsee, darunter eine Serie mit dem Titel „Two Seas“, die Erinnerungen weckt an den in Königsberg geborenen Architekten Bruno Taut.

Johannes Hofer aus Mühlhausen im Elsass reichte 1678 an der Universität Basel eine Dissertation ein, in der er eine Krankheit beschrieb, die er Nostalgia nannte. In seiner 20seitigen Schrift erörterte der junge Mediziner die Ursachen und Symptome dieser schweren Erkrankung. Er machte das Leiden mit einem Schlag in ganz Europa bekannt. Die Nostalgie oder Schweizer Krankheit wurde wie die Pest als epidemisch angesehen und allgemein für unheilbar gehalten.

1770 wurde die Bedrohung durch die Nostalgie von Immanuel Kant in einer Vorlesung thematisiert. Das Nostalgie-Problem passte zwar überhaupt nicht in die Systematik seiner kritischen Philosophie, war ihm aber wichtig, als er sich für die Stelle eines Professors für Logik und Metaphysik der Universität Königsberg bewarb.

200 Jahre nach dem Erscheinen von Kants Beobachtungen über das Heimweh, werden Menschen, die an der Wirkungsstätte des großen Philosophen ihrer Jugendzeit nachhängen, erneut von diesem Leiden heimgesucht.

Brigitte Matern, eine aus dem Voralpenland stammende Autorin, – womit das Thema Heimweh quasi dorthin zurückkehrt, wo es erstmals als Krankheitsbild erkannt worden ist – beschrieb die Folgen der seit 1991 in Kaliningrad grassierenden Nostalgie der Ostpreußen in der Schweizer Wochenzeitung so: „Seither haben die sogenannten HeimwehtouristInnen das Land zu Zehntausenden besucht. […]Dass so viele Deutsche ihre alte Heimat wiedersehen wollen, hat den Aufbau von Hotels, Ein-Mann-Taxiunternehmen, Stadtreinigungsfirmen, Restaurants bewirkt. Doch das Ende ist absehbar, in zehn, fünfzehn Jahren […].“