Marktnachlese: Elsa Morante – La Storia
Am Samstag, 8.3.2025 um 12:30 Uhr stellt Rainer Beuthel den „Jahrhundertroman“ von Elsa Morante vor: La Storia.
1974 erschien in Italien Elsa Morantes Roman „La Storia“, der in doppeltem Sinn Geschichte geschrieben hat. Zum einen rekonstruierte er auf bisher einmalige Weise das finstere Kapitel des italienischen Faschismus und die Verwicklung Italiens in den Zweiten Weltkrieg, eine Geschichte von Tod und Zerstörung, Verfolgung und Deportation der jüdischen Bevölkerung – aber auch heroischen Widerstandes gegen die deutsche Besatzung. Zum anderen ist das Erscheinen des Buches selbst ein historisches Ereignis. Morante hatte darauf gedrängt, den Roman von vornherein in einer wohlfeilen Taschenbuchausgabe herauszubringen, um ihn breiten Schichten der Bevölkerung zugänglich zu machen. Und so wurden bereits im Erscheinungsjahr 600000 Exemplare verkauft.
Die Folge war eine intensive gesellschaftliche Debatte über die im Roman dargestellte Geschichtsepoche und das Verhältnis dazu. War der politischen Rechten das Thema an sich unangenehm, störte die Linke daran eine angeblich zu individualistische Darstellung der Ereignisse ohne die „richtige“ politische Linie. Wie sehr Morante in Italien bis heute einen „Nerv getroffen“ hat, sieht man daran, dass der Stoff zweimal verfilmt wurde: 1986 als Spielfilm (mit Claudia Cardinale) und 2024 als Fernsehserie.
Zentrale Figuren des Romans sind die verwitwete Lehrerin Ida Ramundo und ihre beiden Söhne Giuseppe und Nino, die Ida in Rom durch die schwere Zeit zu bringen versucht. Ida ist jüdischer Abstammung und schafft es, dies geheim zu halten, auch um ihre Söhne zu schützen. Der ältere der beiden, Nino, schließt sich aus jugendlicher Abenteuerlust zunächst den faschistischen Schwarzhemden an, im Lauf des Krieges geht er in den Widerstand, zur Resistenza. Der jüngere, Giuseppe, ist die Frucht einer Vergewaltigung Idas durch einen deutschen Landser.
Das oft als „Jahrhundertroman“ der italienischen Literatur bezeichnete Buch liegt seit 2024 in einer neuen Übersetzung ins Deutsche vor. Rainer Beuthel stellt es vor und liest ausgewählte Passagen daraus. Sein Interesse daran entstand nicht zuletzt aus einer Verbindung der eigenen Familiengeschichte zu den historischen Ereignissen.